In zehn Jahren Beziehung habe ich mich ständig an die Wünsche und Bedürfnisse meines Mannes angepasst und mich klein gemacht. Haben wir eine narzisstische Beziehung?
Wie kommen wir da raus?
Narzisstische Beziehungen kann man laut Bärbel Wardetzki an folgenden Merkmalen erkennen:
Es gibt einerseits den/die primäre Narzisst*in, in der Fachliteratur auch als grandiose/r Narzisst*in bezeichnet. Diese Person braucht sehr viel Aufmerksamkeit und Bewunderung und bleibt ganz auf sich und ihre Bedürfnisse bezogen. Sie kann dem/der Partner*in nur wenig Raum geben und nimmt sie oder ihn kaum als eigenständigen Menschen wahr. Oft haben sich diese Menschen ein Netzwerk an Bewunderer*innen geschaffen, die sie sich mit Zuwendungen unterschiedlichster Art (Geld, Information, Macht, Status, Wertschätzung etc.) als solche erhalten. Sie bekommen von der Außenwelt gespiegelt, dass sie toll seien. Das bestärkt sie in der Meinung, dass sie kein Problem haben und es auch nichts gäbe, das sie verändern müssen. Daher sehen diese Personen das Problem bei dem/der Partner*in – diese/r muss sich verändern, um ganz zu entsprechen.
Wenn die Partner*innen nicht entsprechen, bekommen sie die sogenannte narzisstische Wut zu spüren, die aufgrund der Enttäuschung oder fehlenden Bedürfnisbefriedigung hervorbricht. Dabei werden sie kritisiert, abgewertet oder emotional, manchmal auch physisch, vernichtet.
Zum/zur primären Narzisst*in gesellt sich der/die komplementäre Narzisst*in. Komplementäre Narzisst*innen stehen im Schatten ihrer Partner*innen und passen sich an, weil sie sich als klein erleben im Verhältnis zu deren Größe, in der sie sich sonnen. Ihre eigenen Gefühle, Wünsche und Bedürfnisse geben sie auf und leben im erweiterten Selbst der grandiosen Narzisst*innen, was sie emotional von ihnen abhängig macht.
Komplementärnarzisst*innen haben oftmals (unbewusst) starke Verlustängste und tun alles dafür, um nicht verlassen zu werden. Wenn der „Hausfrieden“ schief hängt, fühlen sie sich dafür verantwortlich und schuldig. Sie arbeiten meist hart an sich und der Beziehung, um das zu bekommen, wonach sie sich sehnen. Durch ihre massiven Selbstzweifel liefern sie den grandiosen Narzisst*innen gewissermaßen die Bestätigung, dass sie es sind, die das Problem haben.
Was Ihr tun könnt:
Einen Ausweg aus dieser Dynamik gibt es, wenn beide Partner*innen diese erkennen und die Bereitschaft zur Veränderung auf beiden Seiten gegeben ist. Meist leitet die komplementär narzisstische Person die Veränderung ein, da sie stärker an der Beziehung leidet. Oftmals, das muss leider gesagt werden, sind primäre Narzisst*innen nicht zur Veränderung bereit und trennen sich.
Bei beiden zeigen sich ähnliche Kindheitsverletzungen. Die engsten Bezugspersonen waren meist aufgrund von eigenen Traumatisierungen nicht in der Lage, ihre Kinder und deren Bedürfnisse wahrzunehmen. Indem die Kinder ihre Bedürfnisse nicht mehr spürten bzw. hintanstellten, entwickelten sie ein „falsches“, narzisstisches Selbst, um den Erwartungen ihrer Herkunftsfamilie zu entsprechen und die Bindung mit ihren Bezugspersonen erhalten zu können.
Als Erwachsene verlieben wir uns, wie von Harville Hendrix in der Imago Theorie beschrieben, in eine ähnlich verletzte Person. Damit kann die alte Verletzung durch die Herkunftsfamilie bewusst werden und in der Beziehung heilen.
Für diesen Prozess empfehlen wir eine unterstützende Paartherapie, da eine dritte allparteiliche Person bei dieser Dynamik sehr hilfreich ist. Durch intensive Dialoge und die oft auch schmerzhafte Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte kann es Schritt für Schritt gelingen, in der Beziehung das eigene, authentische Selbst zu entdecken, zu leben und auf eine neue differenzierte Ebene der Liebe zu kommen.
Für Komplementärnarzisst*innen bedeutet dies, dass sie lernen dürfen, sich selbst anzunehmen, sich zu vertrauen, für sich selbst zu sorgen und zu sich und ihren Bedürfnissen zu stehen.
Für Primärnarzisst*innen bedeutet es, sich ihrer Angst vor Nähe und ihren Gefühlen der Minderwertigkeit zu stellen. Weiters dürfen sie lernen, das eigene Herz zu öffnen und den/die Partner*in mit ihren Wünschen und Bedürfnissen ernst zu nehmen und als gleichwertig gelten zu lassen.
Buchempfehlungen:
Hagemeyer P (2020) Gestatten, ich bin ein Arschloch. Berlin: Eden- Books
Wardetzki B (2009) Eitle Liebe. München: Köselverlag.
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Mit Blumengrüßen von